Foto: Claudia Züge
Trauer
Wenn wir einen geliebten Menschen verloren haben, gleichgültig, ob durch Trennung oder durch Tod, scheint die Welt still zu stehen. Wir sind schockiert, fassungslos, fühlen uns allein und sind seelisch verletzt. Mit der Zeit gewöhnen wir uns an die Umstände. Im Idealfall setzen wir uns mit unseren Gefühlen auseinander, trauern und heilen. Natürlich wird man den verlorenen Menschen für immer vermissen, aber nach einer Trauerphase setzt gewöhnlich eine Besserung des eigenen seelischen Zustands ein.
Manchmal kommt es zu einer Störung des Heilungsprozesses der verletzten Seele. Belastende Gefühle sind dann auch nach Jahren noch vorhanden. Das kann passieren, wenn die Bedingungen zum Zeitpunkt des Ereignisses eine gesunde Trauerarbeit nicht erlaubt oder die Betroffenen die unverarbeiteten Trauergefühle verdrängen.
Ein Beispiel
Rebekka ist eine junge Frau, die sich schon immer Kinder gewünscht hat. Schon als kleines Mädchen wusste sie, dass sie eine ganze Kinderschar haben wollte. Zu Beginn läuft auch alles gut: Sie findet einen lieben Mann und wird schwanger. Voller Vorfreude richtet sie ein Kinderzimmer ein und kauft Kinderkleidung.
Dann passiert es : Sie erleidet eine Fehlgeburt.
Rebekka ist schockiert. Das Kind, auf das sie sich so sehr gefreut hat, ist nicht mehr da. Sie hatte die Fehlgeburt zu einem Zeitpunkt erlitten, als man ihr die Schwangerschaft noch nicht ansah. Nach einer kurzen Zeit soll sie ihr altes Leben ganz normal weiterführen und zur Arbeit gehen. Das geplante Leben mit dem eigenen Kind zerfällt. Ihre Bezugspersonen sind hilflos, es kommt zu Bemerkungen wie: "Dann versucht Ihr es halt noch einmal." Oder: "Es wird schon einen Grund gehabt haben."
Rebekka fühlt sich allein gelassen und unverstanden, traut sich nicht mehr, darüber zu reden. Sie beginnt, sich vor solchen Phrasen zu fürchten. Sie empfindet Trost, wenn sie etwas isst, wenn sie sich den Bauch mit warmen Lebensmitteln füllt. Sie nimmt massiv zu.
Nicht nur Übergewicht kann eine Folge von unverarbeiteter Trauerarbeit sein, sondern auch Depressionen oder Schmerzerkrankungen.
Auch weit zurückliegende Verletzungen können mit Hilfe einer Hypnose behandelt werden. Die vor langer Zeit im Gehirn gespeicherten Erfahrungen sind im Trancezustand leichter zu erreichen.
Die trauernde Person kann mithilfe des Hypnosetherapeuten die Trauer bearbeiten und belastende Gefühle löschen. Endlich findet eine Verarbeitung der Trauer statt.
Erfährt ein Kind emotionales Leid und wird dieses durch die Eltern ausgelöst, kann es nur unzureichende Trauerarbeit leisten.
Illustration: A. Fürstenberg
Denn es kann sich seinen Eltern nicht nur nicht anvertrauen, sondern es lernt auch, dass die eigene Trauer unwichtig ist und dass man zu funktionieren hat.
Dieses Gefühl der unverarbeiteten Trauer nimmt der Mensch mit ins Erwachsenenleben. Folgen sind häufig wie oben erwähnt Depression, Schmerzen, Gewichtszunahme.
Ein Beispiel
Sandra wohnt mit ihren Eltern auf dem Land. Sie bekommen von der Nachbarin ein Kaninchen geschenkt. Sandra ist nicht klar, dass es sich um ein Schlachtkaninchen handelt. Sandra spielt häufig mit dem Tier, es ist ihr ans Herz gewachsen.
Eines Tages wird das Kaninchen geschlachtet. Sandra ist entsetzt und weint. Ihre Eltern fühlen sich überfordert und spielen Sandras Trauer herunter. Diese traut sich nicht mehr, das Thema anzusprechen, um der Ablehnung durch die Eltern zu entgehen. Sandra ist in ihrer Trauer nicht ernst genommen worden. Sie glaubt, dass ihre Trauergefühle nicht in Ordnung sind, da sie das Wertgefüge Ihrer Eltern übernommen hat. Sie trägt ein ungelöstes Trauergefühl in sich, welches sie ohne Hilfe nicht mehr verarbeiten kann.
Als Erwachsene traut sie ihren eigenen Gefühlen nicht und glaubt, Trauer müsse verborgen werden. In ihr schwelt ein Konflikt, der sich in immer häufiger auftretenden depressiven Verstimmungen äußert.
Dann lernt Sandra einen Mann kennen. Eines Tages fahren sie an einer überfahrenen Katze vorbei. Sandra erinnert sich zwar nicht an den Vorfall mit dem Kaninchen, aber sie fühlt einen unerklärlichen Schmerz und Mitleid mit dem Besitzer des Tieres. Sie fängt an zu weinen. Ihr Partner ist verständnislos und versteht die starke Reaktion seiner Freundin nicht, was er ihr auch sagt. Sandra fühlt sich unverstanden und projiziert die Ablehnung ihrer Eltern aus ihrer Kindheit auf ihren Freund. Es kommt zu Streit.
Mit Hilfe von Hypnose wird Sandra in ihre Kindheit zurückgeführt. Sie bekommt Zugriff auf ihr Schlüsselerlebnis und beurteilt das Verhalten ihrer Eltern heute anders. Sie darf um das Kaninchen trauern und kann mit dem Schmerz abschließen. Ihre Seele kann heilen.
Foto: Claudia Züge